Aus unserer aktuellen Ausgabe 130
Die Zeitwände sind durchgebrochen und wir betreten eine neue Ära des Wandels, in der DJs, Musiker und Veranstalter die Zukunft aktiv gestalten. Die traditionelle Musikszene hat sich in den letzten Jahren stark verändert und es ist an der Zeit, diese Veränderungen anzuerkennen und die Chancen zu nutzen, die sie bieten.
In der Vergangenheit waren es meist etablierte Plattenlabels und Radiostationen, die die Kontrolle über die Verbreitung von Musik hatten. Doch das ist nicht mehr der Fall. Mit dem Aufkommen von Streaming-Plattformen und Social Media haben Musiker und DJs nun die Möglichkeit, ihre Musik und ihren einzigartigen Stil direkt an ihre Zuhörer zu bringen, ohne auf die Zustimmung traditioneller Gatekeeper angewiesen zu sein. Mit Hilfe von Plattformen wie YouTube, Facebook und Instagram kann jeder seine Veranstaltungen oder musikalischen Darbietungen live streamen und damit ein breiteres Publikum erreichen. Diese Technologie eröffnet Künstlern und Eventveranstaltern völlig neue Möglichkeiten, ihre Inhalte zu präsentieren und ihr Publikum zu erweitern.
Diese Demokratisierung der Musikszene führt zu einer breiteren Vielfalt an Klängen und Genres, da Musiker nicht länger gezwungen sind, sich den kommerziellen Erwartungen anzupassen. Dadurch entstehen neue innovative Musikstile und Experimente, die unsere Ohren verwöhnen und unseren Geist erweitern.
Auch die Art und Weise, wie Events und Festivals organisiert werden, hat sich verändert. Dank des technologischen Fortschritts ist es nun einfacher als je zuvor, Veranstaltungen zu planen, zu promoten und durchzuführen. Kleinere Veranstalter können nun mit den großen Playern in der Musikszene konkurrieren und einzigartige Events schaffen, die eine spezielle Atmosphäre und Erfahrung bieten.
Um diese neuen Möglichkeiten voll auszuschöpfen, ist es wichtig, dass DJs, Musiker und Veranstalter bereit sind, die Ärmel hochzukrempeln und aktiv die Zukunft zu gestalten. Sie müssen sich bewusst sein, dass sie die Treiber des Wandels sind und Verantwortung dafür tragen, wie sich die Musikszene entwickelt.
In der heutigen Zeit, in der Künstliche Intelligenz (KI) immer weiter fortschreitet und unser tägliches Leben beeinflusst, ist es unumgänglich, dass auch die Welt der DJs, Musiker und Veranstalter mit den Auswirkungen dieser Technologie konfrontiert wird. Die Künstliche Intelligenz (KI) wird in der Musikproduktion immer häufiger eingesetzt, um beispielsweise Tracks zu generieren oder Remixe zu erstellen. Auch in der Eventbranche wird KI verwendet, um personalisierte Empfehlungen für die Teilnehmer zu geben und die Veranstaltungserfahrung zu optimieren. Darüber hinaus ermöglicht KI die Analyse großer Datenmengen, um Trends und Vorlieben der Zielgruppe besser zu verstehen und damit die Planung und Durchführung von Events zu verbessern.
Dennoch müssen wir aufpassen, dass wir KI nicht als Ersatz für menschliche Kreativität betrachten. Es ist wichtig, dass wir unsere einzigartigen Denkmuster und Expertise einfließen lassen, um unseren Kunden maßgeschneiderte Lösungen anzubieten. Die Verwendung von neuen Technologien sollte immer als Hilfsmittel betrachtet werden, um die menschliche Leistung zu unterstützen und nicht zu ersetzen.
Der Schlüssel liegt darin, die richtige Balance zwischen Effizienzsteigerung und menschlicher Kreativität zu finden, um den sich wandelnden Anforderungen unserer Zeit gerecht zu werden.
Text von Izabela Schmidt
Welche neuen Technologien oder Trends beeinflussen deiner Meinung nach maßgeblich die Zukunft von Events und Musikproduktion?
Sebastian Jeglorz, DJ Preacher:
Neue Technologien gibt es ja Neue Technologien gibt es ja immer mal. Von analog über digital, von Plattenspieler und analogen Synthesizern bis zu Computer und Mediaplayer. Aber was wirklich ein Gamechanger bei gerade der Musikproduktion wird, ist KI. Grundlagen, Grundgerüste, oder ganze Tracks die fast fertig gemastert sind. Vieles geht schon, vieles wird noch kommen. Sogar virtuelles DJing ist möglich, mit Übertragung in die ganze Welt und das Internet. Ob ich das gut finden soll – weiß ich allerdings nicht.
Elmar Braun, Geschäftsführer des Musiklabels WEPLAY Music:
Bereits jetzt wird die Musikindustrie maßgeblich von neuen Technologien beeinflusst. Hooks in Musikstücken werden teilweise gezielt darauf ausgelegt, um auf Plattformen wie TikTok zu performen und bestmöglich den Algorithmen zu “gefallen”. Und auch wenn Algorithmen und Künstliche Intelligenz oft fälschlicherweise in einen Topf geworfen werden und wir jetzt vielleicht noch nicht so weit sind: KI wird mehr und mehr Einzug erhalten in den sozialen Netzwerken, die halt einen maßgeblichen Anteil an Trends in unserer Branche haben. Im Bereich der Musikproduktion selbst wird es in Zukunft sicher noch einfacher für die Produzenten werden, zu einem Ergebnis zu kommen – echte Kreativität und gutes A&Ring wird sich aber nicht so einfach ersetzen lassen.
Raffaele Piller, Content Creator:
Als Top aus der technologischen Sicht zur Musikproduktion würde ich definitiv die KI/AI-Entwicklung sehen. Ob dies jetzt positiv oder negativ wahrgenommen wird, liegt am Betrachter. Der eine kann durch die Technologie sein Horizont und seine Möglichkeiten erweitern und steigern. Der andere kann das sehr negativ sehen, indem er sich evtl. gekränkt fühlt in seiner Kreativität oder in seinem erschaffenden Werk (Beats, Vocals, Mastering, etc.) Schlussendlich muss es dem Endnutzer und dem Konsumenten der jeweiligen Musik gefallen. Demjenigen oder derjenigen ist es glaube ich egal, ob es per KI/AI entstanden ist oder durch stundenlange menschliche Entwicklung oder Hingabe. Es steht ja nirgends (soweit ich weiß), ob es von einem Mensch oder einer KI/AI kommt. Der Beat, die Vocals, usw. Also der SONG, der muss einfach gefeiert werden, den Menschen muss es gefallen und sie müssen es fühlen. – Das ERGEBNIS ist das Ziel.
Egal auf welchem Weg: also es sollte legal sein und korrekt sein, aber ansonsten soll einfach ein toller Song oder Single dabei herauskommen.
Aleksey Music, Echo Award Gewinner:
Bis auf die Technischen Möglichkeiten im DJ-Bereich hat sich eigentlich gar nicht so viel verändert. Es gab schon immer Cover von alten Songs, die neu geremixt werden. Es gab schon immer mehr BPM, wie gerade im Hyper Techno Trend und es gab auch immer
Gegenbewegung im Underground, die „back to the roots“ gingen. Ich beobachte zurzeit zwei Sparten: Zum einen die Kids, die lieber höher, schneller, weiter feiern. Zum anderen die Oldschool Generation, die EDM satthaben und lieber wieder gute, alte House Music hören. Acts wie Black Coffee sind wieder voll gefragt, weil sie einfach wieder Herz und Melodie in die Tracks stecken. Durch den technischen Fortschritt hat man leider viel Quantität im DJ-Bereich. Jeder zweite kauft sich aktuell eine Konsole und denkt er kann mit synch auch DJ werden.
Jeder will „fame“ auf Instagram sein. Es ist schon anstrengend… Aber ich sehe das locker und mache es einfach schon zu lange. Am Ende setzt sich eh immer Qualität durch.
Wichtig ist einfach was am Ende aus der Box kommt und ob man das Publikum abgeholt und auf eine musikalische Reise mitgenommen hat oder nicht.
Deine halbe Stunde Ruhm mit einer Top Ten Beatport Playlist oder Spotify „latest Ibiza Summer Hits“ ist als Newcomer schnell erloschen, weil das Publikum einfach merkt, ob du echt bist oder nur „dabei sein“ willst…
Karl Spannenberger, Bayerischer Rundfunk und DJ & Moderator: Es ist und bleibt die AI-Frage. Weil Musik zwar viel von Kreativität lebt, aber auch ins vielen Dingen nur Mathematik ist, wird alles um die Frage gehen, wie gut produziert die KI in Zukunft. Weil gleichzeitig die Produktion immer schneller wird, glaube ich, dass auch die Menge an Liedern noch weiter zunehmen wird. Vielleicht wird so ein Album mit 32 Songs? Vielleicht kommen in Zukunft Songs in fünf oder mehr Versionen raus (Elektro, Pop, Hip Hop, Afro & Latin). Entscheidend wird außerdem in der Produktion sein, welche Technologie den Zugang für Produzenten erleichtert, die kein Instrument spielen. Das wird nochmal viel ausmachen.
Was die Events an sich angeht: wir sehen es ja bei Mrak und Anyma, Licht wird immer mehr mit riesigen LEDs kombiniert, weil es gerade immer erschwinglicher für Veranstalter wird, diese Technologie zu nutzen. Ansonsten glaube ich, dass die klassische Disko vom Aussterben bedroht ist. Die Leute haben mehr Lust auf Tagesevents und Einzelveranstaltungen als immer denselben Laden. Hier werden oft auch bessere Lichtinstallationen aufgestellt, da können wenige Clubs mithalten, außer sie arbeiten, wie das Printworks in London. Ich glaube, dass Events immer mehr draußen stattfinden werden, an immer ungewöhnlicheren Orten und, dass es immer mehr an die Einbindung von besseren Visual gehen wird, künftig bestimmt auch bei manchen Veranstaltungen mit Virtual Reality oder zumindest Augmented Reality.
Jens Thele, Geschäftsführer des Musiklabels Kontor Records:
Aus A&R wird noch mehr mehr Datenanalyse und Prompting, durch die ai.interessant wird was da dann für das songwriting/texten bedeutet.bald alles an melodien texten geschrieben?sodass dann keine neues copyright mehr?
Markus Krampe, Geschäftsführer und Veranstalter von Großevents wie dem GLÜCKSGEFÜHLE Festival. Als Berater und Manager von Größen wie Dieter Bohlen oder auch Lukas Podolski:
Wie auch in anderen Bereichen stellen wir fest, dass Besucher immer individueller angesprochen werden möchten. Das beginnt bei der Werbung, die möglichst zielgruppengenau und individualisiert sein soll bis hin zum Event, bei dem sich jeder wünscht, dass seine persönlichen Vorstellungen umgesetzt werden. Das erlebt man beispielsweise bei der Verkündung von Line Ups. Über Social Media haben die Leute die Möglichkeit direkt Feedback zu geben. Man kann es nicht immer allen recht machen, aber die Besucher erwarten das. Das spiegelt sich dann in den Kommentaren wider. Hier können neue Technologien helfen, die Trends und Wünsche der Besucher herauszufinden, um diese dann auf den Veranstaltungen zu berücksichtigen. Neue Technologien spielen aber auch in der Bewerbung der Events eine große Rolle, um hier die Zielgruppe noch genauer einzugrenzen und Werbung möglichst personalisiert auszuspielen.
Ein weiterer Punkt ist das Thema Digitalisierung, das auf all unseren Events eine große Rolle spielt. Ein Beispiel sind Bezahlsysteme: Wir nutzen aktuell Token als Bezahlwährung auf unseren Festivals, sind aber offen gegenüber digitalen Bezahlmethoden, beobachten den europäischen Markt und prüfen aktuell inwieweit ein Umstieg hier auch auf anspruchsvollen Locations – wie dem Hockenheimring – möglich ist.
Welche Chancen und Herausforderungen siehst du in der aktuellen Entwicklung und wie gestaltest du aktiv die Zukunft deiner Branche mit? Nutzt du neue Technologien, wie KI, bereits für deine Tätigkeiten?
Aleksey Music, Echo Award Gewinner:
Aktuell besteht die Chance die Leute wieder für gute Musik zurückzugewinnen. Die Menschen sind es größtenteils satt diese nach Schema F produzierten EDM Tracks zu hören.
Eine Zeitlang habe ich die auch gespielt (2013-2016) als es neu war und innovativ. Vor allem ist damals elektronische Musik erst richtig populär und Mainstream geworden und die Besucherzahlen der Festivals stetig gewachsen. Da musste man irgendwann sein Set mehr auf „Big Room“ Tracks stellen, um mehrere tausend Leute mit in den Bann zu ziehen. Versteht mich nicht falsch. – Elektronische Musik war schon lange populär und chartkompatibel. Aber der Peak kam erst ab den 2010ern, wo Festivals wie Tomorrowland gewachsen sind und zu den größten Festivals der Welt avancierten. Es gab auch in den 90ern eine Loveparade mit 1 Million Besuchern. Aber damals war es anders. Es fand zwar schon in den Medien statt. Es hatte Ansätze von Kommerz, es war trotzdem immer Underground und man hatte den Kodex „Love, Peace & Unity“
Ich für meinen Teil versuche schon seit geraumer Zeit wieder zu meiner musikalischen Mitte zurückzufinden. Deep House, House & Vocal House. Schöne Melodien.
Kein Speed Mixing und Uplifting Sets. Auch meine kommenden Produktionen werden in diese Richtung gehen bis auf eine Ausnahme. Das wird ein richter Festival Banger zusammen mit ADAPTIV! Technologien wie KI sind für mich noch gewöhnungsbedürftig. Ich kann mir aber vorstellen, dass es die Zukunft sein wird. Aber am Ende des Tages denke ich, wird immer der Mansch im Vordergrund stehen. Das wird sich nie ändern.
Sebastian Jeglorz, DJ Preacher:
Ich nutze moderne Technologien wo sie für mich Sinn ergeben. Updates von Playern mit vielen neuen Möglichkeiten, digitale Bearbeitung und Mastering von Tracks. Die Zukunft gestalte ich, in dem ich immer neue Geräte teste und vorstelle, um jedem die Möglichkeit zu geben, zu entscheiden was er für sich braucht.
Elmar Braun, Geschäftsführer des Musiklabels WEPLAY Music:
Wir experimentieren bei unseren Labels heute schon in vielen Bereichen mit KI, z.B. zur Workflow-Optimierung oder im Grafik-Bereich. Noch stoßen wir oft an Grenzen und müssen die Prompts mehrfach anpassen. Es ist aber essenziell, sich jetzt bereits damit zu befassen und Kompetenz anzueignen, damit man für die Zukunft gewappnet ist und dann zu einem späteren Zeitpunkt KI-unterstützte Prozesse in den Arbeitsalltag integrieren kann.
Jens Thele, Geschäftsführer des Musiklabels Kontor Records:
Klaro fummeln wir auch mit suno und co herum, Wahnsinn was damit jetzt schon möglich ist. Am Ende wird abseits vom tik tok hype doch weiterhin eine geiler song/track entscheidend sein, der emotionen/gänsehaut auslöst.
Karl Spannenberger, Bayerischer Rundfunk und DJ & Moderator:
Tatsächlich sehe ich mehr Herausforderungen als Chancen. Ich nutze KI bereits zur Ideensammlung, welche Lieder ich bei bestimmten Events noch spielen könnte. Dabei geht es vor allem um Hochzeiten und Firmenfeiern, wenn Musik gewünscht ist, mit der ich mich nicht so gut auskenne.
Ich lasse mir also mit KI helfen, dass die Qualität meiner Dienstleistung besser wird. Nun wird es aber nicht mehr lange dauern, Spotify DJ ist bereits in den USA verfügbar, dass DJs an vielen Orten ersetzt werden können. In Bars, auf Firmenfeiern oder auf kleinen Hochzeiten, also immer dann, wenn der DJ nicht unbedingt im Vordergrund stehen muss, könnten viele zu einer Auswahl durch KI übergehen, sofern diese bald noch besser wird, aber davon gehe ich aus. Es wird also unsere größte Herausforderung sein, so lange wie möglich besser als die KI zu sein. Weil das bald nicht mehr möglich sein wird, müssen wir also das herausarbeiten, was eine KI noch nicht leisten kann: direkte Interaktion mit dem Publikum. Wir müssen also noch mehr unsere Persönlichkeit in unsere Arbeit hineinbringen, müssen, schon angefangen bei unserem Equipment, zu einer Marke werden, die auch als solche wahrgenommen wird. Auch der persönliche Kontakt mit Kunden wird immer wichtiger, weil eine Entscheidung künftig noch mehr von Sympathie abhängen wird. Dazu muss ein Auftrag ein Komplettpaket sein, als DJ bin ich einfach dafür da, dass der Abend gelingt. Wenn ich dann bei anderer Technik unterstützen muss oder auch noch ein wenig moderiere, im Dienstleisterbereich muss das alles möglich sein. Schlussendlich muss sich jeder noch genauer überlegen, was seine Alleinstellungsmerkmale sind. Ein oder sogar mehrere USPs sind wichtig und können künftig dafür sorgen, dass die Entscheidung auf dich fällt, statt einer Software aus dem Silikon Valley für 19,99€ im Monat.
Markus Krampe, Geschäftsführer und Veranstalter von Großevents wie dem GLÜCKSGEFÜHLE Festival. Als Berater und Manager von Größen wie Dieter Bohlen oder
auch Lukas Podolski:
Wir sehen hier große Chancen, um zum einen die Besucher noch zufriedener zu machen, und zum anderen unsere Ressourcen noch besser einzusetzen. Wir arbeiten aktuell an der Erstellung einer CRM-Plattform, um auf genau den eben genannten Trend einzugehen: unter strengen Datenschutzauflagen ermöglicht das System uns, unsere Besucher ganz individuell anzusprechen. Wie schön ist es, wenn wir unseren Gästen zum Geburtstag Glücksgefühle schicken können? Darüber hinaus werden wir zukünftig GenAI nutzen, um unseren Gästen noch schneller und noch zielgerichteter eine Antwort auf ihre Frage geben zu können. Das sorgt für zufriedene und glückliche Gäste und darüber hinaus für freie Mitarbeiterkapazitäten.
Vielen Dank an alle Beteiligten für diesen grandiosen Meinungsaustausch!
Euer DJ-Magazin